Ganz abgesehen vom Preis: Wie eine falsche Preisstruktur Ihre Erfolgschancen zunichte machen kann

Ich komme gerade von einem kurzen Besuch in einer örtlichen Bäckerei zurück. Diese Bäckerei legt Wert darauf, dass ihre „Mini-Krapfen“ 1,85 € kosten. Zur Veranschaulichung: „Mini“ bedeutet genau das – ein sogenannter Krapfen, aber in einer Miniaturversion.

Marktpreise in Deutschland für einen Krapfen im Raum München: Ein normaler „Krapfen“ kostet etwa 1,20 €, höchstens 1,40 €. Das ist also die Standardgröße! In dieser Bäckerei würde der „normale“ Krapfen allerdings – wie Sie vielleicht schon erraten haben – 2,40 kosten! Das Doppelte des normalen Preises.

In Bezug auf die Marketingstrategie KÖNNTE das also funktionieren.

Das würde man eine Premium-Preisstrategie nennen, und der Krapfen mit diesem Preisschild sagt es Ihnen:

„Hallo, ich bin super speziell und exklusiv – deshalb muss ich natürlich 2,40 € kosten. Doppelt so teuer, doppelt so viel Spaß!

Bislang könnte das noch funktionieren, solange

  • der Krapfen ist ein guter,
  • in Kombination mit einem außergewöhnlichen Kundenerlebnis, wie z. B. einer super netten Person hinter dem Tresen, präsentiert,
  • einige schöne Teller,
  • schöne Verpackung dazu…

Die Realität sah so aus:

  • es gibt eine Preisaktion im Regal „zwei für einen immer noch zu absurd hohen Preis“
  • das Mädchen hinter dem Tresen ist gerade mal halbwegs freundlich
  • der Krapfen ist ganz offensichtlich derselbe, der auch in der nächsten Bäckerei angeboten wird
  • die Verpackung / das Gesamterlebnis ist einfach ganz normal (btw: normal wird im Vergleich zu einem Premiumpreis als „mittelmäßig“ empfunden)

Gehen wir näher auf einige dieser Aspekte ein:

Warum sollte die Preisförderung hier nicht funktionieren?

Denn wenn Sie als Kunde in der Stimmung für Premium sind, wollen Sie Premium.

In diesem Moment wollen Sie kein „Schnäppchen“.

Wenn die Bäckerei Sie tatsächlich in einem Moment erwischt, in dem Sie Lust auf einen Premium-Krapfen haben, dann sollten Sie sich diesen gönnen.

Sie wollen ein gutes Gefühl haben, wenn Sie zu viel Geld für etwas ausgeben, um sich ein wenig zu verwöhnen.

Aus der Sicht der Bäckerei möchten Sie nicht, dass dieser willige Kunde an so etwas wie eine rationale Preiswahrnehmung erinnert wird.

Sie wollen, dass der Kunde nicht mehr auf den Preis und das Geld achtet.

Wenn Sie Lust auf Champagner haben, wollen Sie genau das: Champagner mit einem Champagner-Preisschild und einem Champagner-Erlebnis.

Wenn Sie Ihren Krapfen als den Champagner unter den Krapfen positionieren wollen, müssen Sie diese Strategie konsequent verfolgen.

Außerdem sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass Sie, sobald Sie die Erwartungshaltung des Kunden auf Champagner-Niveau anheben, auch Champagner-Niveau liefern müssen.

Die Kluft zwischen Erwartung und Tatsachen

ist auch einer der Gründe dafür, dass die Unternehmen zu viele Kunden haben, die sich beschweren: Sehr oft liegt diesem Problem das empfundene Missverhältnis zwischen Preis und Angebot zugrunde. Wenn Sie das Problem nicht an der Wurzel packen, wird es Sie und Ihr Unternehmen verfolgen und alles durcheinander bringen. Die Lösung ist jedoch einfach: In solchen Fällen müssen Sie

  • entweder die Preisspanne senken oder
  • den (wahrgenommenen) Wert des Angebots zu erhöhen.

Ein ähnlicher Effekt tritt auch bei der Preisgestaltung im B2B-Bereich auf – sehr oft gibt es einen bestimmten „Preispunkt“, der nicht überschritten werden sollte, da alles, was über diesen Punkt hinausgeht, die „Preiselastizität“ überschreitet (d. h. das, was der Kunde zu zahlen bereit ist). Sie machen einen viel größeren Teil des Umsatzes aus, doch für B2B-Märkte gelten ähnliche Mechanismen – aber das ist eine andere Geschichte für einen anderen Tag.

Wie haben Sie die Preisstruktur für Ihr Unternehmen und seine Produkte/Dienstleistungen strategisch aufgebaut?

Haben Sie sie mit der Konkurrenz bzw. der Kundenwahrnehmung verglichen? Oder haben Sie Zweifel an den Preispunkten in Ihrem Unternehmen – wenn ja, welche und warum?

Kristin Reinbach

Als Inhaberin von OVERW8 und mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Marketing denkt sie ständig in "Kunde", "Marke" und Geschäftsmodellen. Ständig meint: Beim Essengehen. Auf der Skihütte. Beim Winzer... Letztlich also nur logisch, dass sie mit diesem Know-How unternehmerisch handelnde Menschen und Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Marken-, Kunden- und Unternehmenswert tatkräftig unterstützt.

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