Tik Tok in aller Munde: „Sollen wir da mitmachen?“
Die Frage „Tik Tok einfach mal machen?“ hat dabei zwei Aspekte
- „Einfach mal machen“ – das gibt es in seriösen digitalen Marketing nicht wirklich. Im Digital Marketing gilt wie überall: „Wo die Energie hingeht, da tut sich was.“ Einfach einen Twitter Account anlegen, einen Instagram Account in die Welt stellen, davon entsteht ja noch kein Austausch, keine positive Sichtbarkeit. Es braucht Entschlossenheit und Durchhaltevermögen. Dafür muss man was beitragen. Das ist sonst wie zu einer Party zu gehen, , sich dann in die Ecke zu stellen und sich nicht an der Konversation zu beteiligen, geschweige denn etwas Amüsantes oder Interessantes zu ihr beizutragen.
Jeder Channel, für den man sich entscheidet, ist im Prinzip eine Investitionsentscheidung.
Dahinter steht entweder Budget für externe Unterstützung oder Zeit, die intern investiert wird – und die kostet letztlich auch wieder Geld. Die interne Investition ist ein wenig unauffälliger – und neigt allerdings wegen konkurrierender Prioritäten zum Scheitern.
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Die wesentliche Frage ist nicht, ob Tik Tok GENERELL eine gute Idee ist, sondern ob sie für den Sales Funnel dieses Unternehmen eine logische Ergänzung ist.
Im Prinzip ist es nämlich so, dass
der Weg zwischen Kunde von morgen und Unternehmen eine Art mathematische Gleichung ist,
in der die jeweiligen Elemente in Kombination mit den anderen funktionieren müssen, damit hinten das richtige Ergebnis bei rum kommt.
Die Frage ist, mit welchen Elementen komme ich effizient (ohne unnötigen Aufwand) und effektiv (zielführend) von A (Unternehmen) nach B (Käufer*in). Verschiedene Zielgruppen, Produkte, Vertriebsregionen brauchen im Zweifel völlig unterschiedliche Elemente.
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6 interessante Fakten über Tik Tok (mindestens 3 verblüffend!)
1. Tik Tok nutzt die Macht des Videos
Das Basisformat sind Mikrovideos. Diese kann man scrollen bis der Arzt kommt, man eine Sehstörung hat, sich totlacht… Oder man machst selbst Kurzvideos und/oder macht bei einer der „Challenges“ mit.
2. Tik Tok nutzt die Macht menschlicher Psychologie
Das ist wenig verblüffend und im Prinzip wie Instagram etc. auch. Der grundlegende Anreiz ist es, sich hier Zustimmung oder das, was sich als solches anfühlt, zu bekommen. Das fixt an, also will man davon mehr und noch mehr und dann verwechselt man es mit der Realität.
Aus geschäftlicher Sicht kann man sagen: Die App baut auf einem zeitlos existierenden Verhaltensmuster auf. Das Gute daran: Es funktioniert immer und immer wieder.
3. Tik Tok ist die einzige Top 5 App, die NICHT Facebook gehört!
Schaut mal hier oben rechts… WhatsApp – gehört Facebook, Messenger – Facebook, Facebook – nun,ja 😉 – und Instagram… dito.
Was für eine Marktmacht auf Seiten Facebooks!
War Euch das bewußt?
Da hinkt selbst YouTube noch hinterher (wobei das auch an höherer Browser-Nutzung liegen kann).
4. Herkunftsland? Tik Tok ist… ausgerechnet… (!) chinesisch
Tik Tok gehört dem chinesischen Unternehmen ByteDance. ByteDance ist clever und internationalisiert wie ein Windhund.
ByteDance has made the app available in 155 markets and in 75 languages as part of its overseas push.
Jungejungejungejunge.
Mir sagt das:
Leiderleider gibt es keine Aktien… hätte sonst nach einem nächsten AliBaba ausgesehen!
5. Nichtsdestotrotz: Tik Toks Haupterfolg passiert ausgerechnet… in den USA!
6. Tik Tok hat, wovon in Crypto geträumt wird: Eine eigene Währung!
Innerhalb der Tik Tok App gibt es eine eigene Währung. Diese virtuelle Währung existiert nicht nur, sie funktioniert! Amerikanische Nutzer haben im letzten Jahr bereits ca. 23 Mio. US Dollar in diese Währung getauscht u.a. um …
haltet Euch fest!…
Emojis senden zu können!
Ist das der Wahnsinn oder ist das nicht der Wahnsinn!?
(ich stelle mir vor, wie deutsche Unternehmer*Innen hier in Deutschland bei einem Investorengespräch auflaufen, um zu sagen: „Ja, und monetarisieren wird sich das über eine virtuelle Währung. Die Leute müssen die Währung kaufen, damit sie Emojis senden können.“ Hach, was wäre das lustig gewesen! )
Was finden die User an Tik Tok so geil?
Das entscheidende Stichwort ist hier „Bingewatching von Video Content„. Klingt erstmal sehr primitiv – und ich bin nicht ganz sicher, ob es damit schon abzutun ist.
Dazu also ein paar Denkanregungen:
Sind es die SCHRÄGEN VIDEOS – oder die nackte Haut?
Also, eins fällt direkt ins Auge: Ja, auch hier zeigen sich hübsche Mädchen gern mit weniger Klamotte und so nett beim Tanzen. Da müssen die Jungs nicht mehr in den Nachtclub.
Davon abgesehen gibt es viele lustig-kreative Snippets, bei denen Freunde einfach Spaß haben beim Blödeln. Ein wenig so, wie wenn wir in Oberstufe oder Uni von dem Quatsch, den wir gemacht haben, Videos gemacht hätten.
Well… wenn man es nicht zu ernst nimmt… why not?
Sind es die CHALLENGES?
Die Raindrop Challenge etc… und die Begeisterung dafür… hat das nicht was wunderbar Kindliches? Albern auf harmlose Art? Wollen die Menschen vor lauter Klimawandel, Trump und Kastensystem einfach mal Spaß haben? Und wenn ja, wäre das nicht verständlich?
Geht es etwa um KREATIVITÄT & LEICHTIGKEIT?
A large portion of people on there are just like, ‘I love this Evanescence song and I need to show people my interpretation.’”
It’s an app full of people posting strange content to the internet with zero self-awareness or shame. That’s easy to mock, but it’s also what may lead to TikTok’s success.
- Ist es einfach schön, schräg sein zu dürfen?
Ist das hier die Gegenbewegung zum Instagram-Hübschie-Leben? - Oder sind es doch die gleichen Effekte wie bei Hochzeitsvorführungen und dem Auftritt bei Karneval…
Endlich mal auf der Bühne?
- Ist es einfach ehrliche Co-Creation? (und damit Age of the Auarius technisch total auf Spur?)
Sind Influencer einfach die kreativeren Agenturen? - Wird hier eben mal nicht die kreative Spot-Idee im Boardroom plattgemacht sondern muss und DARF sich direkt im Markt selbst testen und bewähren?
@friendlyquest Since everyone missed the ferret dancing here she is… #foryoupage #ferret #dancing
Woher der rasche Erfolg?
Auch wenn jetzt viel so getan wird… wie immer gilt… „von nix kommt nix“.
WERBUNG. :))
Some of this rapid growth is due to an aggressive marketing campaign. ByteDance, the $75 billion Chinese tech conglomerate that owns TikTok, merged the app with Musical.ly, a similar app it also owned, in August. Since the merger, ByteDance has advertised the app seemingly wherever young people turn: TikTok ads are all over Snapchat and YouTube; there’s even a wall plastered with the TikTok logo in Bushwick, Brooklyn.
Aus „The Atlantic“.
Und sie sind gar ein wenig frech geworden dabei:
YouTube may be down, but TikTok is alive, awake and never better #StayWoke #YouTubeDown #MakeSocialFunAgain pic.twitter.com/sjEw8Si4Bj
— TikTok (@tiktok_us) October 17, 2018
Zielgruppe: Wer genau nutzt Tik Tok?
- > 60% USA
- > 4o% der neuesten Nutzer kommen aus Indien
- Kernzielgruppe 16 – 24 Jahre alt (also ganz schön jung).
- 30% sind unter 30. Riecht (und sieht aus nach) Schulkindern. Berufsanfänger. College.
- Etwas mehr Männer als Frauen.
- Android lastig! Nur 52% über iPhone („80% of TikTok’s sessions are on Android devices.“) / 80% der Sessions auf Android.
Letztlich hat ByteDance mit Tik Tok eine machtvolle Marketing-Platform gebaut.
Wenn man dort eine Anzeige oder ein Advertorial schaltete, war kristallklar, wen man dort erreicht (Bildungsbürgerlicher Haushalt, die Frau des Hauses, Kinder und Ehemann lesen mit) und v.a. DASS man diese Zielgruppe da erreicht. Dafür konnte man ordentliche Preise aufrufen. Und alle waren glücklich.
„Wir verdienen durch Werbung“
Es funktioniert nach wie vor so:
Medium aufbauen, das für Zielgruppe X interessant ist + passende Werbeformen addieren + passende Werbekunden => profitables Geschäftsmodell.
Das ist bei Facebook nix anderes, bei Instagram genauso, bei LinkedIn nimmt die Werbeschiene derzeit Fahrt auf..
Aus Sicht der Unternehmen, die Sichtbarkeit wollen, ist das das genaue Gegenteil, davon, was sich nach wie vor hartnäckig als Gerücht hält, Social Media sei „kostenlos“.
Das Prinzip heißt:
Pay to Play.
Pay to Play kann sich nichtsdestrotz natürlich lohnen!
Deswegen haben früher Werbekunden ihr Geld für eine Anzeige in Brigitte ausgegeben und es wird sich gelohnt haben. Wir erzählen hier jetzt nix Neues, wenn wir auf das alte Marketing Mantra aufmerksam machen:
„You gotta spend money to make money!“
Was sind die Werbeformate auf Tik Tok?
„Influencer Marketing Campaign“ ist hier das Ding. Quasi Testimonialsmechanismen für das digitale Zeitalter. Eine Art anderer Promi-Werbung.
Das andere ist eine Art E-Commerce oder eher M-Commerce. Käufe, die direkt in der App realisiert werden.
Since the launch of TikTok in the U.S. in 2018, the American market is responsible for over 24% of its in-app purchase revenue.
Wo Tik Tok (noch) nicht so gut ist
Tatsächlich hat Tik Tok noch mit einem zu niedrigen „Engagement“ zu kämpfen. D.h. die Leute loggen sich zwar ein, interagieren aber nicht wirklich viel – da bieten die anderen Platformen ihren Werbekunden aktiver Zielgruppen.
Tik Tok: Top für USA / Indien / B2C / <30
Zusammengefaßt: Wenn Ihr junge Amerikaner und/oder Inder für B2C Produkte (alles was normaler Konsum normaler Privatbürger ist, Jeans, Cola etc.) begeistern wollt, dann seid Ihr bei Tik Tok eventuell richtig.
In den USA sei Tik Tok als von Marketern „underused“ heißt es – und das dürfte tatsächlich stimmen (s. hier unten). Das heißt natürlich, dass die Werbekunden, die sich jetzt positionieren, gute Chancen auf mehr Sichtbarkeit haben.
Just 4% of U.S. social media marketers use the platform.
While 89% of marketers claim to utilize Facebook for business purposes, only 4% admit that TikTok is part of their company’s social strategy.
Selbst dann gilt:
Tik Tok wird also bestimmt in absehbarer Europa erreichen – mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls als Platform für B2C-Themen / die Kernzielgruppe < 24 Jahre werden. Im FMCG Bereich kann man also durchaus schon mal die Beobachtungsfühler ausfahren.
„The Medium is the Message.“
Wenn ich die gleiche Botschaft über Vogue oder über die Bild Zeitung verbreite, hört sie auf, die gleiche Botschaft zu sein. Der Kontext wird zum Teil der Botschaft. Selbst wenn also USA / <30 Deine Zielgruppe wäre, lohnt es sich hinzuschauen, ob diejenigen nicht woanders besser und zielführender zu erreichen wären. Wenn Seriosität z.B. wesentlicher Bestandteil des Markenkerns ist, ist Tik Tok wahrscheinlich nicht das richtige Medium.
Tut nicht was modisch ist.
Tut, was in Euren Sales Funnel und zu Eurer Marke paßt.
Nur das wird sich langfristig wirklich auszahlen.
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Was hältst Du bislang von Tik Tok?
Welche Erfahrungen hast Du damit gemacht?
Welche Elemente sind in Deiner mathematischen Verkaufsformel ein MUST und haben sich bewährt – und welche testet Du derzeit noch?
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Quellen:
https://www.theatlantic.com/technology/archive/2018/10/what-tiktok-is-cringey-and-thats-fine/573871/
10 TikTok Marketing Campaigns: How Brands are Using TikTok Influencers
https://en.wikipedia.org/wiki/TikTok
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_most-followed_TikTok_accounts
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