Innovation Leadership – Wegmarke 4/7: In machbaren Schritten losgehen
Was uns auf dieser Wegstrecke erwartet
Jetzt: In machbaren Schritten losgehen
- Kleine Schritte
- Subjektive Unterforderung.
- Passende Arbeitskultur.
- Disziplin versus Ergebnis.
- Einzel- versus Gruppenarbeit.
- In der Garage starten.
- Murphy’s Law.
Wir brauchen den Weg vor dem Loslaufen nicht zu kennen
Monatelange Analysen würden nun meistens folgen. Ja, wir werden schlauer dadurch – aber ist es nicht auch eine sehr effektive Methode, um das Losgehen weiter raus zu schieben? Gut vorbereitet zu sein ist gut. Es ist gut und hilfreich, sich vorher für die Reise zu wappnen, festes Schuhwerk anzuziehen, etwas Proviant mitzunehmen. Deswegen haben wir vorher schon dafür gesorgt.
Oft denken wir, wir müssten schon VOR dem Losgehen den ganzen Weg kennen, auf alles vorbereitet sein, alle Fähigkeiten haben. Solange man das nicht alles komplett hat, geht man gar nicht erst los. Die Wahrheit ist: Wir müssen es gar nicht wissen. Wir brauchen den Weg vorher nicht zu kennen. Der Weg zur Innovation ist ohnehin jedes Mal anders. Er verändert sich, während wir darauf gehen. Er kann schwieriger oder einfacher sein als wir dachten, und wahrscheinlich genau an anderen Stellen, als wir es vermutet haben.
Die richtige Einstellung zu der vor uns liegenden Reise ist viel entscheidender:
Seien wir gespannt, gehen wir ruhig davon aus, das uns unterwegs ja ein paar nette Überraschungen passieren können. Seien wir bereit, den eigenen Schritt dem Weg und seinen Begebenheiten anzupassen.
Das ist viel nützlicher und macht uns selbst auch viel robuster gegenüber dem, was kommen mag.
Legen wir los. Mit dem was wir heute wissen und können. Seien wir bereit und offen dafür, unterwegs dazu zu lernen.
„Ich kann schon mal loslegen, ohne den Weg und die Aussicht zu kennen.“
Machbarkeit sichern
Gutes Leadership: Das Große einfach machen.
Häufig sind wir nur darauf trainiert, entweder das sogenannte „Big Picture“ zu sehen ODER die kleinen Schritte im Auge zu haben. Beides isoliert funktioniert für unsere Zwecke nicht. Die Verknüpfung beider Ebenen muss eng verzahnt laufen.
Gewöhnen wir unser Hirn deshalb besser rasch daran, von Fern- zu Nahsicht und zurück wechseln zu können. Unsere Aufgabe als Leader wird es, immer wieder darauf zu achten, wie großes Bild und kleine Schritte zusammengehören und vor allem gezielt den Fokus zu wechseln.
Keineswegs beweist es unseren Weitblick und unsere Kompetenz, wenn wir nur im großen Bild und in der langfristigen Strategieebene denken. Dafür brauchen wir uns nicht feiern zu lassen. Wir können uns guten Gewissens selbst auf die Schulter zu klopfen, wenn es uns gelingt – und es ist nicht einfach! –, diese Perspektivenwechsel von groß auf klein und wieder zurück in gefühlte einfache Machbarkeit für alle Mitwirkenden zu übersetzen.
Dinge schwierig zu machen ist keine Kunst.
Dinge einfach zu machen schon.
Das Ziel darf groß sein – nur der nächste Schritt nicht!
Viele Führungskräfte machen es sich und Ihrem Team unnötig schwer, indem sie selbst sich nur um das „große Bild“ kümmern und erwarten, dass das Team sich dorthin schon alleine durchwurschtelt. Das kann man machen – aber wieso sollte dann die Summe des Ganzen mehr ergeben als die Arbeit der Einzelnen?
Der Schritt vom Abstrakten ins Konkrete ist meiner Erfahrung nach die große Kunst und für die meisten die größte Herausforderung an der ganzen Angelegenheit.
Lassen Sie Ihr Team dabei nicht allein.
Sollten Sie selbst darin nicht oder nicht mehr geübt sein, lassen Sie sich von außen unterstützen.
Besonders in der Startphase ist die Unsicherheit am größten – zu große, zu schwammige, nicht machbare Schritte machen Angst. Aufkommende Angst im Team niederzukämpfen ist aufwändig – besser, wir beugen wo möglich dagegen vor.
Wir können viel Leichtigkeit, Kraft und Spaß rein bringen, wenn wir gerade in den ersten Wochen darauf schauen, dass definitiv NUR konkrete, kleine, machbare Schritte angegangen und erledigt werden.
Gerade im Team können wir grundsätzlich in kürzerer Zeit sehr viel mehr auf dem Weg zu einem Ziel erreichen als alleine. Trauen Sie sich und dem Team ruhig was zu und formulieren Sie Ihre Absicht und das Ziel größer, als Sie selbst es heute für möglich halten. Unsere Vorstellungskraft ist meistens ein bisschen spießig, legen Sie in diesem Punkt ruhig einfach eins drauf.
Seien Sie großzügig, größenwahnsinnig, komplett irre.
ABER – und diesen Punkt vergessen viele! – kommen Sie dann vom großen Bild zum Machbaren, zum Hier und Jetzt zurück und verlangen Sie von Ihrer Mannschaft nicht – und zwar auf keinen Fall! -, dass diese nun 5 Treppen auf einmal nehmen sollen.
KEIN Berg lässt sich mit einem direkten Sprung auf die 2.000 Meter hoch besteigen.
Wer das trotzdem versucht, würde kirre darüber werden.
Jeden Tag eine machbare Etappe weiter zu laufen, das geht bestens. Gut gelebtes Leadership sorgt dafür, dass Überforderung gar nicht erst eintritt. Sie brauchen die Schritte nicht inhaltlich selbst vorzugeben – aber unterstützen Sie dabei, die passenden Schritt- und Etappengrößen zu finden. Wenn wir das nicht machen und es bei diesem riesigen Ziel (und damit bei dem gefühlt unbesteigbaren Berg) belassen, gehen wir den sichersten Weg, um selbst Top-Leute zu frustrieren – denn das ist so einfach nicht machbar.
[bctt tweet=“Es ist unsere ureigenste Führungsaufgabe, dafür zu sorgen, dass der jeweils nächste Schritt für jeden einzelnen machbar ist.“ username=“krysalisrocks“]So kann er sich bei der nächsten Etappe auch mehr zutrauen.
Gute Möglichkeiten zum Herunterbrechen:
- Retrograde Netzplanung (aber grob! – bis zum letzten Punkt zurück).
- Wochenziele pro Mensch und Team.
- Bei kreativen Erarbeitungsphasen möglichst kurze Beanspruchungsphasen im Wechsel mit Pausen.
- Smallest Bits: Was ist die jeweils kleinste Einheit unseres Arbeitspakets? Grobe Strukturen dafür bilden (z.B. eine Seite schreiben – 30 Minuten).
- ‚Don’t edit while you write‘, d.h. geben Sie die Erlaubnis, auf einer groben Ebene anzufangen, dann zu verfeinern. Lassen Sie ihr Team NICHT seine Zeit damit verplempern, eine druckreife Ausformulierung produzieren zu wollen.
Uns reichen deswegen folgende Planungsebenen völlig aus:
Das große Bild – kann eine Collage sein sowie die Absichtserklärung
Die groben Zwischenschritte, als flexibler Netzplan mit Post-Its.
Ideenboard für nächste Schritte.
To Dos der nächsten Woche / ggf. des nächsten Monats.
Fertig. Aus. Das reicht.
Subjektive Unterforderung ist ein guter Freund
Ein großes Ziel zu haben ist fein, aber der jeweils nächste Schritt muss absolut machbar sein. Wenn gerade zu Beginn einer neuen Sache die nächsten Schritte nicht gut machbar sind, wird mein Hirn daraus schließen, dass es insgesamt keine gute Idee war und sowieso nicht machbar ist. Wir fühlen uns verschaukelt, wir werden noch unsicherer, als wir in einer neuen Situation ohnehin schon sind.
Auf Innovation übertragen heißt das:
Überforderung nutzt uns für Gestaltung nichts.
Wir brauchen Portionen und Päckchen, die dafür sorgen, dass wir ganz persönlich produktiv sind und BLEIBEN. Portionen, die in unserer subjektiven Wahrnehmung wirklich machbar scheinen. Arbeitspäckchen, die uns ein Gefühl von Vorwärtskommen, Etappenzielen und Zwischenerfolgen vermitteln, selbst wenn der gesamte Prozess sehr lange dauern sollte und recht unüberschaubar ist.
Das Wörtchen „subjektiv“ ist das Entscheidende daran: Nur was für Sie persönlich Ihrer ganz eigenen Einschätzung HIER und HEUTE eine angenehme Unterforderung im Prozess bringt, ermöglicht eine dauerhafte Gewöhnung und Öffnung für die neuen Denk- und Handlungsweisen.
Das gilt selbstverständlich ebenso für die anderen Mitgestalter.
Probieren Sie das Prinzip der subjektiven Unterforderung bei unterschiedlichen Dingen aus und nehmen Sie nur das, von dem Sie sagen und spüren, dass es für Sie leicht machbar ist. Ihre „Innovationsmuskeln“ werden von selbst mehr wollen, wenn Sie soweit sind.
Wirklich machbare Einheiten sind der wahre Zauber – besonders wenn wir einen guten Start haben wollen.
Wenn es funktioniert: NICHT nachlegen!
Wenn Ihr Team ausprobiert hat, ob das in kleine Schritte herunter gebrochene Vorgehen funktioniert, und das der Fall ist und alle so entspannt und glücklich aus der Wäsche gucken, müssen wir dringend einer großen Versuchung widerstehen: Direkt das Tempo weiter anziehen zu wollen. Damit würden wir den guten Effekt erfolgreich zerstören.
Das ist eine wirklich schwierige Sache: Kaum hat man gesehen, dass etwas geht, will man mehr davon. Von sich selbst, von den anderen. Nur ist mehr eben nicht immer mehr.
Wenn ich beispielsweise ausprobiere, morgens für etwas leichte Bewegung vor dem Arbeiten zu sorgen, z.B. 20 Minuten lockeres Laufen, und merke, dass es gut funktioniert, dann ist das doch super – ich bin viel weiter als vorher. Dann aber schlägt die Gier nach mehr zu: Ich lege direkt eins drauf uns sage: „Ich gehe morgens um 07.00 zum Taekwondo.“ Was passiert? Nichts mehr. Es ist zu viel. Ich habe die Zone der subjektiven Unterforderung, des angenehmen „Ach ja, das kann ich doch wirklich tun.“ wieder verlassen.
Dafür entwickle ich alle mögliche Energie, um eben das zu vermeiden.
Mein innerer Schweinehund hat gemerkt, was los ist, jetzt lässt er mich nicht mehr raus. Er hat ja recht, weil er mich davor warnt, dass ich dann nicht mehr zusätzliche Energie dazu bekomme, sondern verliere und zwar an etwas, das derzeit nicht im Fokus ist.
Zusätzlich killt das latente Gefühl, dass etwas ohnehin nicht machbar ist, automatisch jegliche Zuversicht. Und ohne die geht es nun mal nicht. Wenn wir zum Beispiel sagen, jeden Tag gibt es 3 × eine 1,5h-Session fürs Buch – ist das gut machbar? Aber klar doch. Es heißt: 08.00 – 09.30, 09.45 – 11.15, 11.30 – 13.00. Und fertig! Cool!
[bctt tweet=“‚Das gut Machbare ist grundsätzlich individuell verschieden.‘ #leadership“ username=“krysalisrocks“]Künstliche Gleichmacherei aus Gerechtigkeitsgefühl bringt dabei nichts.
Wie ein guter Trainer können wir dafür sorgen, dass unsere Mitstreiter sich selbst dabei mehr zutrauen. Machen Sie deutlich, dass Sie eher für die gute Unterforderung als für die krasse Überforderung da sind.
Die richtig guten Leute haben ohnehin meist eher die Selbst-Überforderungs-Tendenz.
Lassen Sie ein wenig Druck aus dem Leistungsdruck – und genießen Sie gemeinsam die neue Leichtigkeit und die besseren Ergebnisse.
Disziplin und Ergebnis
Ergebnis- versus zeitorientiertes Arbeiten
Viele sagen, sie wünschen sich, wirklich mal ergebnisorientiert zu arbeiten. Dabei wird übersehen, dass Ergebnisorientierung wahnsinnig undankbar sein kann – besonders, wenn wir ein großes, langfristiges Ergebnis erarbeiten. Oder auf die eine gute Idee angewiesen sind. Da kann es vorkommen, dass wochen- oder monatelang kein Ergebnis im üblichen Sinne sichtbar wird.
Sogenanntes „ergebnisorientiertes“ Arbeiten ist zwar insofern gut, als dass es uns daran erinnert, worum es uns geht: Ein Ergebnis zu erarbeiten.
Auf der anderen Seite der Medaille läuft Ergebnisorientierung meistens darauf hinaus, dass einfach noch mehr Zeit und Energie in ein Ergebnis reingesteckt wird. In besonders „ergebnisorientierten“ Bereichen wird am meisten – in Form von Zeit – gearbeitet: Berater, die „ergebnisorientiert“ 16 Stunden-Tage arbeiten, Unternehmer, die 70 Stunden-Wochen für lebensnotwendig halten, Manager, die im Ringen um Anerkennung ihre Familien kaum mehr sehen.
Fällt Ihnen was auf? Ergebnisorientierung isoliert verwendet führt wahrscheinlich zu MEHR Zeiteinsatz statt zu weniger. An diesem Punkt bin ich stutzig geworden. Die sogenannte Ergebnisorientierung läuft viel zu oft auf Selbstversklavung im Hinblick auf ein Ergebnis – oder auch nur Anerkennung der eigenen Mühen – hinaus.
Deswegen können Sie jeden selbständig arbeitenden Kreativen fragen: Zeitorientierung ist letztlich einfacher. Selbst wenn es darum geht, die gefühlte Zeitanforderung „bis acht Uhr arbeiten bei uns gute Manager schon“ einzuhalten, wissen Sie damit wenigstens, wann es gefühlt für heute gut ist. Wenn schon nicht für Sie oder das Ergebnis, dann doch für die allgemeine Optik.
Ergebnisorientierung meint eigentlich mit den richtigen Methoden zur rechten Zeit am rechten Ort mit Elan die Dinge zu tun, die den Erfolg wahrscheinlich werden lassen.
Dann tragen sie zum Ergebnis bei.
Demonstrierte Ergebnisorientierung, indem wir abends um neun im Büro an die Wand starren, ist leider nur der Versuch, uns selbst oder andere mit dem ach so übermenschlichen Einsatz zu beeindrucken. Davon hat unser Ergebnis aber nichts. Es ist davon weder beeindruckt, noch wird es sich davon erzwingen lassen. Zeit für eine neue Zeitorientierung also.
Trainings- versus Wettkampfmodus
Wann ist reine Ergebnisorientierung wirklich sinnvoll?
Wenn wir mal an den Sport denken, dann wird dort auch regelmäßig trainiert, auf keinen Fall wird ständig in Wettkampfmodus gehandelt. Das wäre völliger Wahnsinn, weil die Leistungen (sprich: Ergebnisse) sehr rasch nicht besser, sondern schlechter würden.
Die wesentliche Orientierung ist: Regelmäßiges Training mit klarem Plan und klarer Struktur und allen Bestandteilen, die wir brauchen, um am Ende des Jahres erfolgreich an einem Wettkampf teil zunehmen und über die Jahre besser zu werden.
Auch in unserem Gestaltungsprozess wird es „Wettkampfphasen“ geben. Dann ist es ok, wirklich alles zu geben, um an diesem einen Punkt eine Top-Performance zu „reißen“. Aber VOR dem Wettkampf planen wir lange genug ein, uns Stück für Stück darauf vorzubereiten und NACH dem Wettkampf planen wir Erholung und Feiern ein.
Lassen Sie sich nicht davon kriegen, zu meinen, Sie müssten ständig den ganzen Marathon laufen. Sehen Sie 90-95% Ihres Gestaltungsjahrs als Training und 5-10% als Wettkampfzeit.
Zeitorientierung ist viel besser, als wir meinen
Ich selbst habe schon diverse Selbstversklavungs-Varianten im Hinblick auf ein Ergebnis hinter mir und im Selbstversuch einiges ausprobiert. Immer wieder habe ich mich gegen die Erkenntnis gesträubt (immerhin bin ich ja auch sehr als Berater sozialisiert), musste aber inzwischen einsehen:
[bctt tweet=“‚Die gute alte Zeitorientierung ist sehr viel besser als ihr Ruf.‘ #leadership #innovation“ username=“krysalisrocks“]Wir brauchen „nur“ einen neuen, einen qualitativeren Umgang damit, denn:
- Kurze, überschaubare Zeiteinheiten, um an etwas zu arbeiten, sichern gut gegen Selbstüberforderung ab.
- Training in Zeiteinheiten gibt uns bewertungsfreie Zeit: Vor allem dann, wenn etwas Neues so eingeübt werden soll, dass es zu einem Automatismus wird. Oder wir mehr Ausdauer in etwas brauchen. Mir ist es mal gelungen, eine wasser- und sportscheue Freundin zum Schwimmen zu bringen, indem ich ihr gesagt habe, wir würden damit anfangen, 30 Minuten zu schwimmen. Es sei völlig egal, wie schnell oder langsam sie schwimmt, wie viele Pausen sie macht etc. Es sollten einfach nur 30 Minuten im Wasser sein, in denen sie sich immer wieder fortbewegt. Das hat zu ihrem und meinem Erstaunen sehr gut funktioniert. Letztlich war es nur eine Hürde in ihrem Kopf, eine Annahme, dass sie dazu nicht in der Lage sei. In diesem Fall brachte die Zeitorientierung mit gleichzeitig bewusstem Absenken des qualitativen Anspruchs deutlich mehr als inhaltlicher Leistungsdruck.
- Die Zeitorientierung kann uns dabei unterstützen, mehr Qualität in kürzerer Zeit einzubringen und entlastet.
- Sie gibt uns Orientierung in schwammigen Arbeitsphasen. Wenn ich noch so wenig weiß, dass ich meine Arbeitspakete gar nicht kenne, könnte ich sagen: „Ich beschäftige mich die nächsten zwei Wochen täglich zwei Stunden damit, mehr darüber herauszufinden, was ich mit Thema X machen kann. Ich verbringe nicht weniger, aber auch nicht mehr Zeit damit.“ Ein solches Vorgehen macht gerade in Phasen Sinn, in denen wir nicht so genau wissen, was wir vor uns haben, wir aber auch weiterkommen wollen.
- Zeitorientierung hilft uns, längere Detail- und Fleißphasen zu überstehen. Wenn schon das To Do nicht gut runter zu brechen und unberechenbar ist, dann nehmen wir eben die Zeit als Orientierungspunkt.
- Nicht zuletzt sorgen klare Zeit-Einsatzgrenzen dafür,
- dass mehr Energie in die geringere Zeit kanalisiert wird,
- dass Energieverbrauchsgrenze gesetzt wird, so dass sich dennoch nach oben eine unser Motor gar nicht erst heiß laufen kann.
- Außerdem steht uns ja nach wie vor unser ganzes Wissen und unsere ganzen Fähigkeiten zur Verfügung – nur eben fokussierter.*
*Dieser Punkt wird oft bei Teilzeitkräften beobachtet und würde übrigens gerade für Gestaltungsthemen für eine solche Besetzung sprechen.
Disziplin – einfach viel ertragen!?
[bctt tweet=“‚Gestaltung ist weder eine Prügelstrafe noch ein preußisches Mädcheninternat.‘ #innovation“ username=“krysalisrocks“]Wenn wir etwas NEUES tun und vorher genau das noch NIE oder WENIG davon gemacht haben, ist es wichtig, sich nicht zu übernehmen. In unseren Leistungseliten macht man genau das gern.
Ein Beispiel: Man möchte wieder fit werden, deswegen soll mehr Laufen gegangen werden. Dann geht man direkt eine Dreiviertelstunde rennen, der Schweiß fließt, die Beine sind schwer und bleiben es auch. Am Tag darauf folgt ein fetter Muskelkater, der einem das im-Büro-Sitzen erst recht zur Hölle macht. So, und was soll und kann daran Spaß und Freude machen? Allerhöchstens der Triumph über sich selbst. Ansonsten fühlt man sich sowohl dabei schrecklich als auch danach schrecklich.
Man hat sich also zweimal bestraft. Die Belohnung ist nicht unmittelbar spürbar. Wie viel Lust hat man danach, wieder laufen zu gehen? Wie wahrscheinlich ist es, dass man wieder damit aufhört? Sehr wahrscheinlich.
Da sind wir Menschen letztlich nur Tiere: Wenn wir das „Zuckerl“ nicht direkt kriegen oder spüren, finden wir Dinge nicht dringend.
Disziplin auf produktivem Level ansetzen
Diese Sorte von Masochismus kann man sich sparen und mehr damit erreichen. Gehen wir die Sache mit dem Laufen nochmal anders an: Wir gehen nur 20 Minuten laufen und gehen dazwischen ein paar Minuten. Danach ist ein bisserl was in Schwung gekommen, ja, da wäre noch mehr gegangen, aber darauf kommt es nicht an. Wenn übermorgen nämlich wieder Laufen angesagt ist, gehen wir das gelassen an, freuen uns vielleicht sogar, fühlen uns danach und währenddessen gut und können schrittweise die Anforderung steigern – aber eben nur so weit, wie es nicht zu sehr fordert.
Das ist der ganze Gag.
Dann ist Durchhalten einfach und verletzungsfrei und wir bekommen Energie statt sie in das Durchhalten als Selbstzweck zu stecken.
Disziplin hat ihre Berechtigung dort, wo sie
- uns Klarheit bringt,
- innere Konflikte verhindert,
- damit Energie spart.
Sonst nicht.
Einzel- und Gruppenphasen
Dualität: Einzel- und Gruppenarbeit
Gezielter Modus-Wechsel ist für gelungene Innovation das A und O: Das meint nicht nur den wichtigen Wechsel von Sammeln zu Filtern, vom Filtern ins Sammeln, sondern auch den Wechsel zwischen Einzel- und Gruppenarbeit.
In meinen Workshops sind regelmäßig alle ganz erleichtert, wenn sie zwischenrein was alleine machen können. Klar! Das ist eine bewertungsfreie Zone für uns ganz persönlich. Welch Erholung!
Endlich mal drei Gedanken am Stück geradeaus denken, ohne dabei von Kritik abgefangen zu werden!
In Gedanken mit den Möglichkeiten spielen: Wie wäre es, wenn es so rum wäre? Oder anders rum? Oder wenn ich das und das weglasse? Was fehlt noch? Oder ist mein gedankliches Bild so schon fertig?
Gruppenarbeit ist NICHT immer besser. Einzelarbeit auch nicht.
Aber die Kombination kann echte Brillanz rauslocken.
Gruppenarbeit wird oft aus a) Gewohnheit und b) Absicherungstendenzen gewählt. Weil sie zu oft und an der falschen Stelle angewandt wird, verliert sie ihre Kraft und Magie.
Einzelarbeit versus Gruppenarbeit
Das Gleiche gilt für die Einzelarbeit: Wenn wir uns scheuen, unsere Teamkollegen alleine machen zu lassen, MUSS etwas falsch sein. D.h. entweder wir trauen ihnen nichts zu oder wir trauen ihren Motiven nicht. Die Vertrauens- und Respektbasis für gute Innovation ist dann offensichtlich (noch) nicht vorhanden.
Beobachten Sie genau, was passiert. Wechseln Sie gezielt zwischen Einzelphasen und Gruppenphasen. Finden Sie immer wieder ins Gleichgewicht und nutzen Sie die Kraft der jeweiligen Modi.
RUHE!!!!
Schaffen Sie ständigen Gruppenzwang ab. Geben Sie Raum und Zeit zum Alleine-Denken. Die Zeit mit den anderen soll produktiv sein – das funktioniert nur im Kontrast zu Alleine-Phasen vorab.
[bctt tweet=“‚Großraumbüros sind gut und schön – ich halte sie für eine echte Innovationspest.‘ #innovation“ username=“krysalisrocks“]Ja, Innovation braucht Kommunikation mit anderen. Ständige Kommunikation ist überschätzt. Sie braucht ebenfalls Raum und Zeit und Konzentration sowie Erlaubnis für Kontemplation. Geht das im Großraumbüro? Und ständigen Unterbrechungen?
Sorgen Sie dafür, dass das geht:
- Allein arbeiten.
- In Ruhe denken.
- Zeit für Reflexion.
…dann kann man sich auf den Austausch mit den anderen wieder freuen!
Experten filtern vor
Die Chance zu Einzelarbeit und das Mandat zum Filtern von Input sollten wir dringend inhaltlichen Experten geben. Wir haben sie aufgrund ihrer Expertise eingestellt – also lassen wir sie besser ran! Davon abgesehen, dass es natürlich sonst eine große Geldverschwendung wäre, wäre es sonst kein Wunder, wenn Experten frustriert wieder das Unternehmen oder Team verlassen.
Beispielsweise werden im Bereich Online-Marketing die jeweiligen Ideen von den Experten für Online-Marketing-Menschen ausgewählt und weiterentwickelt – nicht vom IT-ler und auch nicht von der versammelten Mannschaft – die ja „alle auch Kunden sind – irgendwie“.
Mag sein, aber sie haben faktisch keine Ahnung von Lesbarkeitsprinzipien etc. und brauchen sie nicht zu haben. Ähnlich wie beim Fußball, wo es bei jeder WM 5 Millionen Nationaltrainer gibt, die dem Trainer in sein Handwerk reinreden wollen, wird es gerade in den Vermarktungs- und Innovationsfunktionen regelmäßig versucht.
Puffern Sie Ihr Kernteam – und gegebenenfalls sich selbst – deutlich dagegen ab.
Wenn wir das zulassen oder sogar noch fördern, dann hat das nichts mit Offenheit und Innovation, sondern mit Wertvernichtung zu tun: Wir hätten wir uns nämlich gar keine Experten / ‚Profis‘ einkaufen müssen.
Experten haben aufgrund ihres Mindsets im Hirn mehr Kombinationsmöglichkeiten für ein Thema parat – und mehr Andockpunkte. Das kann heißen, dass es ihnen ohnehin leichter fällt, Ideen dazu zu sammeln – diese entstehen aus der Kombination ihres Wissens und ihrer Erfahrungen. Das kann man natürlich gezielt noch von außen mit weiteren Ideen anfüttern – aber wir sollten sie nicht aufzwingen.
Genau dieses Mindset lässt übrigens ein Gespür für die Situation zu, das andere so nicht hätten. „Alte Hasen“ eben. Über die Zeit entwickeln wir ein gutes Gespür für seinen Markt und die Auf und Abs der Wellen und des Klimas darin entwickelt. Wir sollten das schätzen und nicht plattmachen.
Nutzen Sie die Experten exakt so, wie es sich gehört: Jeweils in ihrem Thema. Fordern Sie sie. In der Weiterentwicklung von Ideen und mindestens im Vorfiltern von Möglichkeiten.
Experten-Input greifbar machen
Eine schöne Methode um möglichst viel Experteninput mit Fokus auf das Wesentliche teilen zu können, sind sog. Pecha Kucha-Sessions. Pecha Kucha wurde angeblich erfunden, um gern viel- und langredende Architektenkollegen auf das Wesentliche zu disziplinieren. Grundidee ist, dass jeder den Inhalt, den er vorstellen will wie folgt darstellt:
- In 20 Bildern,
- jeweils 20 Sekunden Erläuterung pro Bild,
- d.h. insgesamt 6 Minuten pro Idee,
- ohne blöde Nachfragen, ohne – auch nicht wohlmeinende! – Kritik.
Danach können sich alle versammeln und ihre Ideen zu den anderen dazu hängen – dann wird das präsentiert und weiterentwickelt. Das macht Spaß und man ist gemeinsam wirklich produktiv.
Starten Sie in der Garage
Anspruchsdenken hilft keinen Meter weiter
Gründlichkeit wird in der Startphase oft missverstanden und kostet viel Geld, bevor wir überhaupt auf den Weg gekommen sind. Die allermeisten Dinge können wir klein und schlicht beginnen und dann auf dem Weg nach Lösungen schauen – diese ergeben sich so viel organischer und meist günstiger. Klein anzufangen fühlt sich nicht gut an, weil wir denken, dass wir oder unser Projekt dann vom Rest der Welt nicht so ernst genommen wird.
Aber mal ehrlich: Wen schert’s? Uns jedenfalls demnächst nicht mehr. Spätestens nicht mehr, nachdem wir aus der Garage heraus einen Erfolg erschaffen haben.
Viele zahlen hier viel Lehrgeld: Ich dachte z.B., ich brauche ein „richtiges“ Büro damit die Welt und ich (!) mich ernst nehmen. Mein Geschäft lief ordentlich, aber Kundenbesuch hatte ich insgesamt fünf Mal, d.h. einmal pro Jahr. Da hätte ich mir ohne diese Büros eine Menge Geld und Nerven sparen können, oder? Eine andere Unternehmerin, die ich kenne, zahlt heute noch für ihr direkt zum Start perfekt ausgestattetes Hutatelier den Kredit ab. Heute arbeitet sie von ihrem Dachatelier zuhause, und Ihre Kunden finden das ohnehin viel toller.
Die Lösung liegt in der Konzentration auf das Wesentliche.
Wesentlich war für die Buchschreibphase bei mir beispielsweise, dass ich gut und ungestört arbeiten kann. Dass ich mich kreativ austoben kann. Wenn ich mit mir selbst ehrlich bin, konnte ich das ein paar Monate zuhause im eigenen Kämmerchen sehr gut. Aus der Garage heraus zu starten, verlangt uns ab, uns keinen Meter darum zu scheren, was der Rest der Welt davon denkt. Vielleicht ist es sogar ein großer Vorteil, wenn man uns unterschätzt.
Übrigens ist das eine gute Prüffrage, um zu sehen, ob die Idee und ihre Umsetzung uns wirklich wichtig ist:
Würde ich damit in der Garage oder am Küchentisch anfangen, wenn es nicht anders ginge?
Das gleiche gilt für unsere Mitgestalter: Ja, alle sollten eine faire Entlohnung bekommen und die Hygienefaktoren sollten stimmen – so wie immer. Alles andere wie Betriebsrenten, Streit um Eck-Büros, oder Firmenwagenregelungen passen einfach nicht wirklich in unser Garagen-Start Up. Das gilt auch und BESONDERS im Großunternehmen für Innovationsbereiche.
Wir brauchen Mitgestalter, die es wirklich mehr anmacht, unseren gemeinsamen Traum umsetzen, als sich um ihre Betriebsrente Gedanken zu machen.
Raus jetzt!
Legen wir los. Tun wir‘s einfach.
Konkrete Einstiegspunkte hatten wir bereits mit einer ganz groben Netzplanung. Die reicht uns, denn: Alles andere würde eine Schein-Genauigkeit suggerieren (was noch ganz nützlich ist) – und uns unflexibel machen.
Wir wissen ohnehin nicht, was unterwegs genau passieren wird, sobald wir losgegangen sind. Eine grobe Orientierung reicht völlig aus. Wenn ein zunächst eingeschlagener Weg nicht passt, ist es einfach, in unserem Netzplan und unserer Ideensammlung eine Alternative zu finden.
Jetzt gehen wir los – und machen einfach, was wir uns vorgenommen haben, ohne weiter über den Gesamtzusammenhang nachzugrübeln. Den Zusammenhang haben wir vorher gesichert, jetzt heißt es:
Machen. Machen. Machen.
Moment, eine wichtige Information habe ich noch, bevor Sie loslegen – kennen Sie schon Murphy‘s Law der Gestaltung?
‚Start small – but start now.‘ B. Sher
Murphy’s Law der Gestaltung
Viele Menschen, die mit Gestaltung Erfahrung haben, berichten, dass es eine spezielle Version von Murphy’s Law gibt. Ob Autoren, Unternehmer oder Künstler: Sobald sie ein Gestaltungsthema wirklich angehen, werden so sicher wie das Amen in der Kirche externe Einflüsse auftreten, die vermeintlich ungeteilte Aufmerksamkeit fordern. Es scheint eine Art Gesetzmäßigkeit zu sein – als wolle die Welt nochmal kurz überprüfen, wie ernst es uns mit unserer Absicht wirklich ist. Das können Krankheiten, Unfälle in der Familie, der Vorstand, ein verzögertes Projekt, alles Mögliche sein. Als würden in der Achterbahn lauter Geister hochpoppen, um uns den Schneid abzukaufen.
Ich kann diesen Effekt übrigens bestätigen.
Als ich anfing, dieses Buch zu schreiben, kamen wiederholt Ablenkungen auf – schlechte – wie zum Beispiel eine Vermieterin, die Ärger beim Auszug machte, oder auch gute – wie Kunden, die plötzlich zukünftige Projekte besprechen wollten. Früher hätte ich nicht nur die Ablenkung erst mal lange belamentiert, sondern danach noch lange gejammert, dass es so blöd war, und dass ich nie zu was komme. Mit der Hintergrundinformation, dass das quasi ’normal‘ ist, habe ich das sportlich genommen:
Als Test, ob es mir ernst ist mit meinem Buch. Um dann mit Kampfgeist Hindernisse möglichst rasch aus dem Weg zu räumen, wenn sie nun mal da waren. Zeitpläne trotzdem so zu machen, dass das eigentliche Ziel wieder Vorrang hat.
Richten wir in aller Konsequenz den Blick und die Tätigkeit auf die Umsetzung der Absicht aus.
Magie-Check für diese Wegmarke
- Die nächsten Schritte sind übersichtlich, klar und für jeden machbar.
- Wesentliche Punkte einer passenden Arbeitskultur eingeführt.
- Im Training Zeitorientierung und im Wettkampfmodus Ergebnisorientierung.
- Einzel- versus Gruppenarbeit.
- Bewusstsein für Murphy’s Law der Gestaltung.
- Arbeitsplätze in der Garage bereitgestellt.
- Losgelegt.
=> Magiecheck erfolgreich = weiterfahren!
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