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Teatime with Vintage Ads | Die golfenden Influencer früherer Zeiten & ihre Zigaretten

Willkommen zurück bei unserer Teatime with Vintage Ads! Schön, dass ihr wieder reinschaut. Diese Ausgabe bleiben wir zwar bei Tabakwerbung und Testimonials, haben uns diesmal aber noch eine ganz besondere Nische rausgepickt: Golfer.

Viel Spaß also mit unseren rauchenden, golfenden Influencern

und mit den (kommunikativen) Höhen und Tiefen der Vintage Ads.

Vintage Ads Number 1: Ben Hogan Chesterfield Ad

Chesterfield Zigaretten, beworben von Ben Hogan

Stephanie: So Kristin, heute also rauchende Golfer! Da lass’ ich dich direkt mal reinspringen, Golf ist ja auch so ein bisschen dein Ding oder?

Kristin: Oh ja! Hier haben wir als allererstes direkt Ben Hogan. Der war damals der absolute Ober-Golfer. Er hat eines der ersten und nach wie vor besten Golfbücher überhaupt geschrieben, das steht auch bei uns hier im Regal. Der galt also nicht so als “Haudrauf”, sondern als kluger, reflektierter, technischer Golfer.

Und hier in der Anzeige gibt es ein wunderbares Testimonial von ihm:

“I’ve been a Chesterfield smoker for 7 years and know they are best for me! Try them yourself.”

[Ich bin seit 7 Jahren Chesterfield Raucher und weiß, dass sie für mich am besten sind. Probier’ es selbst!]

Das hat er nicht nur “handschriftlich” unterschrieben, sondern sein Status steht nochmal drunter: World’s Greatest Golfer. Das stimmte zu der Zeit wahrscheinlich faktisch sogar, aber es nochmal dazu schreiben, bestärkt das Testimonial natürlich auch für diejenigen, die ihn eher grob kennen.

Stephanie: Stimmt – und rechts daneben haben wir dann ja diese Auflistung. Erstens, zweitens, drittens. Auch ein Klassiker bei Vintage Ads, oder?

Kristin: Absolut. Die klassischen drei Verkaufsargumente! Das Geile in diesem Fall ist:

Da steht inhaltlich überhaupt nichts!

Beim ersten Punkt zum Beispiel: “Chesterfield Quality highest” und dann steht da “15% higher than” xy und “31% higher than” und wenn man sich das durchliest hat man gelernt…

Stephanie: Gar nichts.

Kristin: Genau! Aber es sind zwei Zahlen mit Prozenten und die sind höher und die sind unterstrichen.

Stephanie: Sieht nach Facts aus!

Kristin: Großartig, das so sehr als griffige Fakten zu verkaufen – obwohl da überhaupt nichts steht.

Dann haben wir Punkt “2.”: Da hat “a medical specialist” offenbar bestätigt, dass Chesterfield rauchen keine negativen Effekte auf Nase, Hals etc. hat. Die tun echt so, als hätten sie medizinische Beweise dafür, dass Rauchen keinerlei Nebeneffekte hätte.

Ein ganz düsteres Kapitel des amerikanischen Marketings.

Was da getrieben wurde, das geht auf keine Kuhhaut. Da wurden Studien gefälscht, Mediziner bestochen und und und. Aber der Konsument, der das hier liest, der fühlte sich natürlich bestärkt und hatte den subjektiven Eindruck, er könne ruhig schlafen.

Stephanie: In “3.” da heißt es ja: “First with premium quality in both regular and king-size. Much milder with an extraordinarily good taste.” [Die ersten mit premium Qualität in normaler und King-Größe].

Da steht wieder inhaltlich ziemlich wenig, oder?

Kristin: Ganz genau. Da haben wir auch wieder den Effekt, den wir heute im Internet ja auch ganz viel haben: Du gehst als Texter oder Konzeptioner davon aus, dass die Leute sowieso nur kurz drüber scannen und den Inhalt nicht wirklich überdenken.

Hier drei Fakten, da zwei Zahlen, der Typ raucht die auch – und irgendwas mit Arzt. Scheint also gut zu sein!

Die drei Knallerfakten werden zum krönenden Abschluss zusammengefasst: “Don’t you want to try a cigarette with a record like this?” [Willst du nicht auch eine Zigarette mit einer so einem Track Record rauchen?] Wieder wurden die Worte ganz gezielt gewählt: Klar, hier gehts um “Record” im Sinne dieser Auflistung großartiger Features der Zigarette. Gleichzeitig verbindet man den “Record” neben Ben Hogan auch sofort mit seiner sportlichen Leistung, seinen Rekorden im wörtlichen Sinne.

Stephanie: Über die Überschrift haben wir noch gar nicht gesprochen! Da steht riesig groß drüber: “Years ahead of them all”. [Den anderen Jahre voraus] Da haben wir auch diese Mehrdeutigkeit: Wer ist “ahead”? Ist Chesterfield years ahead? Ist Palmer years ahead?

Kristin: Wunderbar! Der Betrachter denkt sich sodann: Leute die years ahead sind, die rauchen Chesterfield. Da erblüht sofort unterschwellige Hoffnung, dass sein Erfolg auf einen selbst “abperlt”, wenn man sich so eine Zigarette anmacht. Fabelhaft auch die

Redundanz der Botschaften.

Das braucht es zeitlos heute noch und das muss ich vielen Kunden erklären, dass es in der Tat diese gezielte Wiederholung braucht.

  • Hier haben wir unten einmal “Best for you” und im Text “I know they are best for me”.
  • Wir haben auch einmal “Try them yourself” und unten nochmal als Frage: “Don’t you wanna try…”. Das ist hier ganz bewusst wiederholt, sonst könnte man ja auch Synonyme wählen.

Das war ja die Zeit der guten Werbetexter. Da hätte zum Beispiel ein Ogilvy, der ja stark aus dem Texten kam, direkt gesagt, “klar, und ob wir das gezielt so machen!”


Stephanie: Ok! Kommen wir mal zur zweiten Vintage Ad! Diesmal unser Star als rauchender Profisportler: Arnold Palmer.

Vintage Ads Number 2: Arnold Palmer in der L&M Ad

L&M Zigaretten, beworben von Arnold Palmer

Kristin: Arnold Palmer war auf jeden Fall auch so ein Golf Held damals. Der war ein riesiger Kerl und hatte soooo einen Bums drauf… wenn der am Tee abgeschlagen hat, hat es ihn selbst drei Meter durch die Luft gehauen. Die Aufnahmen davon sind großartig. Mit heutiger Golftechnik hat das natürlich nichts zu tun, aber das war immer irgendwie spaßig und hat funktioniert.

Er war also ein sehr athletischer Golfer, gerade für damals. Mehr als einen Upper-Body-Shot brauchte es da zur Wiedererkennung nicht.

Stephanie: Nee, das sieht man natürlich. Er wirbt hier jetzt für L&M.

Kristin: Ja. Man sieht es auf den ersten Blick: Die haben zwar mit Palmer ebenfalls ein super Testimonial, haben es aber lange nicht so klug eingesetzt wie Chesterfield.

Stephanie: Ich find’s auch optisch nicht so stimmig. Unten ist alles zusammen gestapelt, wie im Kleingedruckten, es gibt keine richtigen Headlines oder Struktur…

Kristin: Dieser Anzeige fehlen die raffinierten inhaltlichen Verwebungen, die wir in der Chesterfield Anzeige finden. Der Grund: Es fehlt die konzeptionelle Idee. Da steht ja “When a cigarette means a lot… get a lot more from L&M.” [Wenn eine Zigarette viel bedeutet, kriegst Du von L&M das etwas Mehr.].

Ok, aber was genau bedeutet sie denn jetzt?

Bei Hogan bedeutet die Zigarette “dem Rest voraus sein”. Er ist dabei gut drauf, die Zigarette tut ihm gut… alles positiv. Hier jedoch bei Arnold, da weiß man irgendwie nicht so ganz, was das impliziert. Klar, er raucht eine, wahrscheinlich auf der Golfrunde, doch weder sieht er sonderlich glücklich aus, noch können wir erahnen, ob er irgendwas gewonnen hat oder so… Da spricht das Bild einfach nicht genug, um sich aus diesem Satz die Geschichte zusammenzusetzen.

Das ist wie bei einem Cliffhanger, das funktioniert, wenn man genug Informationen hat um sich auszumalen, was alles passieren könnte. Wird es zu absurd oder bleibt es zu nebulös, zerstört es den Spannungsmoment.

So,  und dann haben wir dieses “Get lot’s more from L&M” – vermutlich als sog. Main Headline gedacht…

Stephanie: Darunter steht: “more body in the blend, more flavor in the smoke, more taste through the filter” [mehr Substanz in der Mischung, mehr Aroma im Rauch, mehr Geschmack durch den Filter].

Kristin: Ja, das kommt irgendwie verkrampft. Unbedingt dieses L und M aufladen wollen mit… was? Dieses more… mehr als was? Außerdem sind da zu viele optische Elemente hingequetscht. Im Kleingedruckten unten steht dann:

“It’s the rich-flavor leaf that does it!”

[Es ist das geschmackvolle Blatt, was es ausmacht!]

– da hätte man zum Beispiel etwas draus machen können. Wie bei der Traube und dem Wein. “Wir verwendet nur hochwertige Tabakpflanzen” – wäre gut! Aber das reicht. Hier wird vieles angeschnitten und nicht durchgezogen.

Stephanie: Darunter wird ja zusätzlich der Filter angepriesen. Er ist “all white – inside and outside – so only pure white touches your lips.” Suggeriert, dass der Raucher mit dem “dreckigen” Teil des Rauchens nicht in Berührung kommt. Keine gelben Zähne und so weiter…

Kristin: Genau! Wiederum hätte das ein guter Punkt werden können, das müssen sie entscheiden und durchziehen. Wir sprechen über Zähne? Da müssen wir hier Arnold Palmers strahlendes Lächeln sehen, als eine Art Beweis! Das müsste direkt neben dem Lächeln stehen und nicht ganz unten.

Hier haben wir übrigens einen ganz typischen Werbefehler:

“the filter cigarette for people who really like to smoke”.

Junge!

„people who really like to smoke“ !? – das ist keine Zielgruppe!

Wir hatte auch schon Kunden, die zum Beispiel sagen, Zielgruppe ist jeder zwischen 5 und 99 der gerne Chips isst.

Super, dann wissen wir ja, wie wir die Ansprache stricken – #NOT.

Diesen lack of vision sieht man hier interessanterweise total. Die Macher hatten kein klares Bild davon, wen  genau sie ansprechen, mit welcher Geschichte. Deswegen ist diese Werbung jetzt auch so… naja nicht schlecht, aber sagen wir mal mittelmäßig. Nicht die glänzendste unter den Vintage Ads.

Wenn L&M das Geld für ein spannendes Werbegesicht wie Palmer schon investiert, sollten sie auch das Geld für jemanden ausgeben, der eine ordentliche Kampagne draus macht.

Sonst ist es umsonst.

Stephanie: Wenn man raus zoomt, erkennt man auch kaum, dass er überhaupt raucht, und überhaupt nicht, was da steht! Das ist nicht effektiv, selbst wenn es inhaltlich gut wäre.

Kristin: Ja, keine gute sogenannte “Fernerkennung”. Das entspricht bei Werbeanzeige von früher dem, was ich bei einem Insta Feed von weitem noch erkennen kann.  Bei dem anderen Beispiel erkennen wir aus der Ferne schon, um was es geht und die Details sind verfügbar für alle, die genauer hinsehen wollen.

Die erzählerische Priorität – ein wesentliches Element des sog. Story Tellings – die funktioniert hier einfach nicht.


Die Vintage Ads im Überblick: Zeitlose Digital Marketing Takeaways

Beide Vintage Ads im Vergleich

Welche Marketing Methoden hier so gut funktionieren:

  • Social Proof, der Influencer Effekt
  • Dreierkette der Argumente
  • Positive Redundanz

Please don’t! Vormerken für das Digitale Marketing von heute:

  • Kein klares ICP Ideal Customer Profile vor Augen (s. auch in unserem anderen Blog Artikel)
  • Konzeptlos an die Umsetzung gehen | Gute Kommunikation lebt von den Details und diese sind schwierig hinzukriegen, wenn die Grundidee keine solide Basis hat.
  • Schamloses “Bullshitting” | Wir sagen ja nicht, dass das heute niemand mehr macht. Das machen sogar noch ziemlich viele! Dennoch würden wir nicht empfehlen, einen Riesen-Aufriss um drei scheinbare Verkaufsargumente zu machen, wenn der Betrachter nach der minimalsten Denkleistung schon darauf kommt, dass da inhaltlich nur Leere herrscht. Es gibt heute nicht nur Gesetze die z.B. irreführende Werbung verbieten, auch die Konsumenten selbst sind inzwischen kritischer geworden und haben keine Lust mehr auf alte Werbetricks, die ihnen Naivität unterstellen.

Wir können wir uns von Vintage Ads für unser digitales Marketing heute inspirieren lassen?

Dreierkette der Verkaufsargumente

Ja, diese klassische Auflistung funktioniert heute noch. Kurz und knackig aufzulisten, was das Produkt kann ist einfach und zielführend. Die Liste sollte nur, anders als oben, mit tatsächlichen Argumenten und Fakten gefüllt sein. 😉 Drei reichen, mehr wirkt leicht so als müsste man sich rechtfertigen.

Positive Redundanz

Eine Werbung, egal in welchem Format, nehmen wir meistens nur relativ kurz wahr. In wenigen Sekunden muss rüberkommen, worum es im Kern geht. Zum Beispiel: Marke, Produkt, Mehrwert, Verlockung. Wenn etwas bestimmtes hängen bleiben soll, ist Wiederholung ein effektives Mittel! So wie bei der Chesterfield Ad von oben hängen bleiben sollte, dass diese Zigaretten “best” für Ben Hogan und den Verbraucher sind, und der Impuls “to try” geweckt wurde. Diese exakten Worte wurden ganz bewusst mehrfach verwendet, wie eine Art Trigger.

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Kristin Reinbach

Als Inhaberin von OVERW8 und mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Marketing denkt sie ständig in "Kunde", "Marke" und Geschäftsmodellen. Ständig meint: Beim Essengehen. Auf der Skihütte. Beim Winzer... Letztlich also nur logisch, dass sie mit diesem Know-How unternehmerisch handelnde Menschen und Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Marken-, Kunden- und Unternehmenswert tatkräftig unterstützt.

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