B2B Vertrieb ohne Messen nach Lockdown

B2B Vertrieb ohne Messen: Wie geht das? Sind digitale Messestände die Lösung? | VdU virtuell

Für viele B2B Unternehmen stellten Messen die Haupt-Marketing-Maßnahme dar. Zumindest bis zum Lockdown. Doch: Was jetzt? Wie geht B2B Vertrieb ohne Messen? Alternativen und Optionen – von o8 CEO Kristin Reinbach im Rahmen des VdU Virtuell Webinars am 08. September 2020.

Evelyne de Gruyter: Ein ganz, ganz herzliches Willkommen hier heute Nachmittag bei einem webinar „VdU virtuell“. Wir lernen heute was über das Thema virtuelle Messestände. […] Einige von Ihnen haben auch schon im Vorfeld Fragen eingereicht, auf die unsere Referentin Kristin Reinbach sicherlich sehr, sehr gerne eingehen wird.

Wir haben großes Interesse zu diesem Thema gezeigt bekommen. Das ist auch ganz verständlich, durch die Corona Krise ist ein ganz, ganz wichtiger Sektor weggebrochen. Die Messen sind ja für viele von Ihnen ein Schaufenster, gerade für die B2B Kunden.

Ich freue mich sehr, dass Kristin Reinbach, Mitglied im LV Bayern Süd und auch Mitglied unserer MINT Kommission, heute etwas zu diesem Thema sagen will. Vielleicht stellst Du Dich jetzt einfach erst einmal vor, liebe Kristin.

Kristin Reinbach: Danke schön, liebe Evelyne! Ich sage einmal Hallo in Runde noch mit Kamera, würde dann kurz ins Teilen gehen , da das zum Erinnern und Verdauen ein bißchen leichter ist.

In der Tat bin ich in der Kommission aktiv, ja, viele geschätzte Kolleginnen auch. Neulich kam die Frage auf

Wie macht ihr das jetzt mit dem Thema Messen?

Lasst ihr euch einen digitalen Messestand programmieren oder was?

Meine erste Reaktion war „Hm… was ist jetzt los? Okay, ich glaube, dass hätte ich was zu sagen“ und darauf hat sich das dann ergeben. „Vielleicht teilt man das Wissen, das Du hast, auch mit mehr als nur zwei, drei Menschen, lass uns doch dieses Webinar machen.“

Kurz zu mir: Ich komme nicht ganz zufällig zum Thema. Ich habe Marketing studiert an der Universität Mannheim, habe mehr als 20 Jahre Erfahrung im Marketing und Vertrieb, bei allen möglichen Größen von Unternehmen in allen möglichen Branchen – hier sieht man so ein bisschen einen Überblick.

Über Kristin Reinbach, CERO OVERW8

Kristin Reinbach: Inzwischen bin ich Inhaberin der Digital Marken Agentur OVERW8 und wir haben einen starken Fokus im Bereich Mittelstand inzwischen und Start ups. Im Prinzip einfach mit der Idee „von Unternehmern für Unternehmer“. Ich werde natürlich noch ein paar Links teilen, wenn jemand gerne mehr Informationen haben möchte.

Ich habe mir zu meiner Vorbereitung auf dieses Thema überlegt

„Die Messen und ich – wie kam das eigentlich zustande?“

Evelyne und ich haben ein bisschen geschmunzelt, als wir das hier vorbereitet haben. Irgendwann hat es nämlich mit dem typischen Studentenjob begonnen – als Messehostess. Ich war mitten auf dem Stand und mitten in der Realität. Später als Junior Marketing Consultant habe ich erstmal eine Gerolstein Messe mitgeplant, habe Messe-Konzepte entwickelt.

Da ging es sowohl um strategische, aber auch ganz handfeste Themen: Gesprächsleitfäden, Benchmarking („Wie haben die anderen Ihre Messestände gestaltet? Wie gut haben die das gemacht? Was für Themen treiben sie an?“). Als ich mein erstes Unternehmen gegründet habe, krysalis consult, bin ich fröhlich im ersten Jahr auf eine Personal Messe gegangen, habe ordentlich viel Geld rausgehauen und das ein oder andere Learning mitgenommen, u.a. dass das was anderes ist, wenn es wirklich das eigene Budget ist.

Zum Thema „interaktive Präsentationen“: Das habe ich schon im Jahr 1998 angezettelt, damals auf Powerpoint basiert. Warum? Man hat auf der Messe ja häufig relativ komplexe Inhalte und möchte die gut rüberbringen können. Da ist es relativ dankbar, weil man etwas nicht so Lineares hat. Inzwischen würde man technisch etwas wie MIRO verwenden.

Das ist insofern zeitlos.

Ich habe eine wesentliche Erkenntnis mitgenommen

und es könnte sein, dass diese der ein oder andere teilt.

Es gibt im Prinzip zwei Arten Unternehmen im B2B Bereich –

entweder die einen, die nach der Messe gar kein Follow up machen.

Da habe ich mir immer den Mund fusselig geredet „nicht wahr, wenn man eine Kontaktliste hat danach, da wissen wir auch, was damit zu tun ist danach!?“). Sowie

die anderen, die es komplett überziehen

und zum fünften Mal anrufen innerhalb von vier Tagen („Was ist eigentlich damit wäre, ob man das Angebot angeguckt hätte und so weiter?“)

Die glorreichen Ausnahmen sind diejenigen, die eine gesunde Balance finden.

Das ist nicht einfach und weil das so ist, habe ich hier symbolisch dieses Bild mit den Eiern gewählt. Das richtige Maß ist immer ein bisschen eine Gratwanderung:

Das, was bei dem einen gerade genug sein kann, ist bei einem anderen schon längst zu viel.

Menschen sind Menschen und keine Roboter.

Die Herausforderung: B2B Vertrieb ohne Messen

Jetzt sind die Messen plötzlich weg,

  • weil sie zum Risiko geworden sind,
  • zum gesundheitlichen Risiko für sich selbst,
  • im Zweifel auch zum Risiko für den eigenen Ruf als Veranstalter.

Ohne Messen stellt sich die Frage:

„Kann ich jetzt den Messestand digitalisieren oder was machen wir sonst?“

Fragen wir uns zunächst:

„Welchen Job erledigt die Messe für uns bislang?“

Ein bisschen ironisch haben wir hier z.B. „flirten mit Hostessen die Party, die dann abends stattfinden.“

Menschen wollen Menschen treffen, weil Menschen Menschen sind und keine Roboter.

Man will natürlich verkaufen, das kommt aber ein bisschen auf die Messe an, logischerweise. Es gibt eben echte Ordermessen und solche, wo es eher darum geht, die Beziehung aufzubauen.

Man möchte bestehende Kunden treffen, um ihnen was anderes zu verkaufen.

Ein weiterer Punkt auf der Agenda ist, herauszufinden, „was ist auch sonst so los“.

Was sagen die Konkurrenten?

Was behaupten sie, was los wäre sowie nicht zuletzt,

…sich vielleicht gegenseitig zu inspirieren?

Die Messe war aus Wahrnehmung vieler B2B Unternehmen bisher ihr Hauptwerkzeug in der Vermarktung.

Im B2B Bereich eine relativ normale Sache.

Der Sales Funnel VOR Corona

Kristin Reinbach: Aus Marketing Sicht betrachtet sieht die Situation ein bisschen anders aus. Da möchte ich euch das Konzept des genannten „Sales Funnels“ nahebringen. Diese Methodik kann auch Euch helfen, die Lösung zu finden, die für euer Unternehmen in Zukunft funktionieren kann. Es ist verknüpft mit der sogenannten AIDA Struktur.

AIDA steht für den grundlegenden Prozess, der letztlich hinter jeder Kaufentscheidung liegt.

AIDA – das funktioniert so:

1. A – Awareness

Jemand muss erst einmal wissen, dass es eine bestimmte Lösung gibt. Wenn ich zum Beispiel hochkomplexe Drucker mit einer bestimmten Qualität brauche, muss ich erst einmal wissen, dass Heidelberger Druck zum Beispiel existiert und dass die diese Produkte auch haben.

2. I – Interest

Dann brauche ich ein Interesse. Das ist ein bisschen eine Kombination, dass ich auch wirklich einen Bedarf habe und zum Eindruck gelange „Ja, dieser Anbieter ist für mich interessant.“

3. D – Desire

„DESIRE“ heißt: „Ich bin schon wirklich genauer am Überlegen.“ Wenn Ihr an Euch selbst denkt und zum Beispiel ein Auto probegefahren habt Euch bei dem Gedanken erwischt „In welcher Variante würde ich den bestellen, was genau kostet das?“ – dann seid Ihr in der DESIRE Phase.

4. A – Action

Das ist das, wo man immer hinkommen will. Das ist der Punkt, wo der Kunde sagt „Okay, ist geordert, ich bin überzeugt.“

Insgesamt

Diese Schritte von vorne nach hinten durch den SALES FUNNEL möchte man möglichst rasch, möglichst unaufwändig und möglichst zuverlässig gehen. Das ist menschlich und unternehmerisch extrem sinnvoll.

Vor Corona war es mit der richtigen Messe und einer gut aufgestellten Messe Mechanik möglich, sämtliche dieser Prozesse über dieses Vehikel zu erledigen.

Der B2B Sales Funnel nach dem Lockdown

Kristin Reinbach: Jetzt haben wir eine neue Situation.

In der Nach-Lockdown-Situation sieht es leider so aus, dass die Messe gar nichts mehr erledigt, weil sie das nicht mehr darf.

Zumindest für eine Weile nicht. Nichtsdestotrotz, ich will jetzt nicht, dass irgendjemand da Schnappatmung kriegt… Früher oder später wird das sicherlich alles wieder gehen, aber gerade in dem Bereich wird es brauchen, bis es sich wieder erholt.

Wie immer gibt es bei näherer Betrachtung Alternativen.

Hier ist die Alternative ist die, dass ich den sogenannten Sales Funnel noch einmal anders betrachte. Ich möchte da gar nicht im Detail darauf eingehen, was das hier an Marketingelementen alles ist.

Im Prinzip geht es aber eben darum, für einen Verlauf wie diesen zu sorgen:

  • „Unser Angebot ist bekannt,
  • die Leute haben Interesse.
  • Wir machen zum Beispiel vielleicht mit ihnen noch online eine Produktvorführung.
  • Wir schicken ihnen ein konkretes Angebot und wir sprechen nochmal die Details durch.
  • Am Ende des Tages werden einige davon kaufen.“

In dem Fall hat der Sales Funnel funktioniert.

Grundlegende Handlungsoptionen für den B2B Vertrieb ohne Messen

Kristin Reinbach:

„Was machen wir jetzt also MIT bzw. STATT der Messe?“

Jetzt habe ich zwei Optionen.

Ich kann

a) die Messe digital weiterdenken.

Wir konnten beispielsweise beobachten, dass gerade im Fashion und Luxus Bereich diesbezüglich großer Ehrgeiz herrschte. Dort hat man ehrgeizigst versucht, die Fashion Shows möglichst rasch durch digitale Formate zu ersetzen. Dabei sollten wir im Bllick behalten:

Was wir bei einer Messe wollen, ist Kommunikationsqualität.

Die Frage ist:

„Wie kriege ich die Kommunikationsqualität aufrecht erhalten, wenn ich rein digital gehe?

Ich habe euch einen Link reingelegt,in der die Helsinki Fashion Week als positive Benchmark gezeigt wurde. Dort haben die insofern einen erfolgreichen Ansatz gemacht, weil sie gesagt haben:

„Was ist unser Vorteil, wenn wir online sind?”

Wir könnten jetzt zum Beispiel zeigen, was in den Köpfen der Designer vorgegangen ist, als sie die jeweilige Kollektion erarbeitet haben. Da können wir mit Moodboards arbeiten. Wir können uns ja vom physischen Raum lösen und so weiter.“

Das müssen die ganz gut gemacht haben, war vom Gerücht her allerdings auch richtig teuer. Parallel beobachten wir, dass es zum Beispiel für die New York Fashion Week einen Ansatz gibt, es auch zu tun – da sagt man, der Versuch sei eher gescheitert.

Man kann sich rein in diese Ecke der digitalen Messe denken.

Offen gesagt würde ich es nicht empfehlen. Der Ansatz ist ziemlich anfällig für Fehler. Außerdem ziemlich anfällig dafür, uncool zu enden und würde dann trotzdem eine Menge Geld gekostet haben.

Die andere Richtung, die ich Ihnen eher ans Herz legen möchte, ist, dass man

b) wirklich digitaler geht, sich von der Messe jedoch löst.

Dass man also größer denkt, dass man sich fragt:

„Wie funktioniert eigentlich mein B2B Verkaufsprozess ab hier und jetzt?“

Wir im Marketing schauen viel auf die USA, weil nach wie vor die meiste Innovation in dem Bereich von dort kommt.

Digitalen Sales zu machen ist ohnehin eine Richtung, die passieren wird.

So wie sonst Digitalisierung im Moment teilweise einen ziemlichen Tritt in den Hintern nach vorne bekommen hat, kann man das hier, wenn man es sportlich nimmt, im Bereich B2B Sales auch so sehen.

Tools Inbound Marketing & Digital Sales

Da gibt es zwei Stichworte. Wer sich da näher informieren möchte, googlet mal die Themen Inbound Marketing sowie Sales Automation. Ich geb‘ euch hier einen kurzen Einblick, was damit gemeint ist, damit Ihr Euch informieren könnt und würde auch gar nicht zu tief gehen und gleich nochmal praktischer werden, wie man sich jetzt auf die neue Situation einstellt.

Evelyne de Gruyter: Genau, da könnte es ja im Zusammenhang vielleicht auch nochmal auf diese Frage eingehen… Eine Unternehmerin hat im Vorfeld folgende Frage gestellt:

„Wir waren letztes Jahr auf 13 Messen war, nun gehen die Neukunden so allmählich aus…

Was  können wir tun, um neue Felder zu erschließen?“

Kristin Reinbach: Ohje, genau. Bei 13 Messen, die ja ausfallen und die unterstelltermaßen ein wesentlicher Teil der Vermarktung waren… Da könnte ich mir vorstellen, dass die Kontrastierung hier zwischen vorher – B2B Vertrieb mit Messen als Hauptmaßnahme – und nachher – B2B Vertrieb ohne Messen – ziemlich genau in diese Richtung geht.

Das heißt natürlich, dass man auch relativ rasch hergehen muss und überlegen,

wie ersetze ich das durch einen neuen Sales Funnel.

Wenn man wie die Kollegin bislang jährlich auf 13 Messen war, prüfen Sie bitte zuerst:

„Was haben wir eigentlich an Kontaktliste?“

Ein Unternehmen, das auf 13 Messen im Jahr ist, müsste eigentlich eine monströse XLS Liste haben und/oder ein sehr gut gefülltes CRM. Wenn das der Fall ist, hat man eine Art Asset, fast schon eine Schatzkammer, auf der man sehr gut aufbauen kann.

Zusätzlich würde ich relativ rasch anschauen:

“Wie kann ich digitalere Formate nutzen?

Zum Beispiel Webinare anzubieten.

“Wie kann ich meine Kunden aufschlauen?”

– man nennt das sogenanntes Edutainment oder „educating the customer“ . Man sagt „Hier, wir helfen euch mit euren täglichen Problemen“, oder man geht auch einfach mal eine

Feedbackrunde an,

lässt das am besten neutral moderieren. Im Prinzip wie im echten Workshop.

Wir haben das schon oft gemacht, z.B. im Energiebereich, wo alle immer vorher die Befürchtung haben „Wollen die Kunden das überhaupt? Deren Zeit ist kostbar.“ Zum Glück gibt es den wunderbaren Effekt, dass Menschen einfach gesehen und gehört werden wollen mit ihrer Expertise.

Viele der Leute, die Sie gegenüber haben – ob als potenzielle Kunden oder schon existierende Kunden, die freuen sich, wenn sie einfach mal gefragt werden.

Das ist jetzt keine Rocket Science in dem Sinne, aber durchaus etwas, wodurch ich relativ einfach eine Kundenbeziehung intensivieren kann.

Evelyne de Gruyter: Wir hatten außerdem folgende Frage hereinbekommen:

Wie kann ich mich in der Kundenansprache in der Flut von Online-Angeboten, Web Events abgrenzen?

Was tue ich, damit die Chemie auch über das Netz rüberkommt?

Was ist ein Tipp dabei, wenn man solche digitalen Formate umsetzt?

Kristin Reinbach: Ein wesentlicher Punkt, den wir oft erleben, hängt damit zusammen, dass ein B2B lastige Unternehmen meistens einen starken Vertrieb oder eine starke Vertriebsausrichtung hat, aber wenig Marketing im Haus. Das führt dazu, dass man sehr vertriebslastig wird und das wiederum führt zu dieser „nur Messe” Marketingstrategie. Man braucht aber eben nicht ’nur‘ eine Messe, oder eine Webseite oder ein Logo oder so, …

Man braucht eine starke Marke.

Ehrlich gesagt kann gut gemachte Markierung sogar ohne Logo auskommen: Wenn Sie zum Beispiel in einen Mercedes-Benz einsteigen, kann man sehr leicht dieses „Mercedes Benz“ Gefühl haben. Da muss ich nicht mal das Logo gesehen haben, weil es eine bestimmte Art ist, wie sich die Mercedes Benz Welt anfühlt. Diesen Effekt können wir im B2B Bereich auch erreichen und ist unserer Erfahrung nach vom Return on Invest extrem lohnend. Das ist also

Schritt 1: Stärkere Markierung prüfen

Zumal ein großer Vorteil ist: Die meisten Konkurrenten machen das nicht.

Im B2C Bereich ordentlich in Marke zu investieren ist absolut üblich, obwohl die Margen viel geringer sind. Im B2B Bereich hat man, je nach Markt, indem man sich aufhält die gute Chance, sich mit einer anständigen Performance in diesem Bereich bereits deutlich positiv abzuheben.

Schritt 2: Online Präsenz auf aktuelles Level bringen

Kristin Reinbach: Bzgl. der Webseiten und Abgrenzung online: Häufig wäre es schon ein Vorteil, wenn Kunden auf die Page kommt und simple Hygienfaktoren vorfindet wie z.B. dass die Page zuverlässig mobil optimiert ist. Das ist nicht selbstverständlich, nach wie vor.

Evelyne de Gruyter: Das Thema Webseiten, das fällt uns auch auf. Als wir den Marktplatz hier beim VdU eröffnet haben, dass viel B2B Unternehmen eigentlich häufig nur eine Adresse auf ihrer Website haben oder sehr wenig Information. Und das bestätigst Du ja, dass es da viel Raum für Optimierung gibt, um aufzufallen.

Kristin Reinbach: Absolut!

Evelyne de Gruyter: Sowie, dass im Social Media Bereich ja auch nur wenige unterwegs sind.

Kristin Reinbach: Ja, und es ist nicht so, dass nicht B2B Präsenz gefragt ist, auch dort. Erstaunlich ist derzeit, was wir selbst als Agentur erleben, was über Facebook an Leads reinkommt, was es dort in den Gruppen an fachlichem Austausch gibt. Das liegt einfach daran, dass Facebook so schön unkompliziert ist in den Gruppen. Wenn man an eine Gruppe denkt wie Digital Media Women, da gehen sicherlich pro Woche ein paar Projekte über den Tisch.

Bzgl. des anderen Punkts, den Du ansprichst – Webseiten, auf den nichts Gescheites an Information drauf ist:

Es gibt soooo tolle Möglichkeiten mit guten Infos zu arbeiten, jede Art gut aufbereitete Sales Argumentation wird die Vertriebsmitarbeiter in ihrem Erfolg auf einem ganz anderen Level unterstützen.

Gute Sales Materialien ob on- oder offline bedeuten vor allem eins: Prozeßkosten-Reduktion.

Wenn ein Vertriebler sich nicht 5x den Mund fusselig reden muss und noch dreimal am Telefon oder per Zoom Call erklären, sondern stattdessen schon verkauft hat, weil der Kunde bereits verstanden hat, was er genau kriegt:

So sieht der Effekt aus, wie der Marketing Invest sich extrem auszahlen kann.

Die Markierung, die erledigen wir nebenher.

Sich im B2B Vertrieb auf die neue Situation einstellen

Kristin Reinbach: So, was macht man also damit. Hier ein paar handfeste Tipps zum Abschluss [hier oben im Bild]:

B2B Marketing ohne Messen so geht es nach dem Lockdown

Punkt 1: Denken in Marathon statt Sprint.

Messe ist ja oft ein ganz klarer Meilenstein und das entspricht Mentalität der meisten Vertriebsmitarbeiter gut. Da arbeitet man drauf hin, macht ein paar Nachtschichten, danach ist auch wieder gut, da fällt man wieder in sich zusammen.

Diese neue Art von Marketing – das sieht man ja an diesem Sales Funnel schon – heißt immer

Dranbleiben, dranbleiben, dranbleiben.

Gezielt betreiben, gezielt neu aufstellen, dann im Sales Funnel die Gaps / Lücken schließen. Ich gebe euch ein Worksheet dazu (s. unten). Ansonsten sind wir natürlich auch gerne für euch da.

Punkt 2: Key Account aus neuer Perspektive

Führen Sie Key Account Management diese Denke in AIDA und Customer Journey einführen, arbeiten Sie gemeinsam daran, wie neu entstandene Lücken durch andere oder angepasste Maßnahmen gestopft werden können.

Womit ich auch direkt beim letzten Part bin – dieser dürfte häufig die größte Herausforderung darstellen.

Punkt 3: Neue Fähigkeiten im Vertrieb erlernen

Neue, der Situation angepasste Skills / Fähigkeiten

  • Wie verkaufe ich online?
  • Wie verkaufe ich in einem Google oder Zoom Call?
  • Wie verkaufe ich über Social Selling?

– das müssen die Vertriebsorganisationen lernen und auch lernen wollen. Das ist nicht damit getan, irgendwo Code in Form eines virtuellen Messestandes hinzustellen.

Punkt 4: Budgets und ROIs prüfen, neu aufsetzen

Als nächstes würde ich sehr dazu anregen wollen, seine Budgets zu prüfen. Wir haben eine schöne Studie gefunden, von der Auma über Messebudgets – veröffentlicht übrigens tragischerweise Anfang März, wo es hieß,

„deutsche Mittelständler haben vor, dieses Jahr noch mehr Geld für Messen auszugeben.“

Das hat dann nicht mehr ganz so hingehauen. 😉

Dringender Tipp: Bitte in Sachen Budgets  richtig sachlich werden. Neu hinschauen. Prüfen Sie:

  • Was haben die Messen bisher wirklich gekostet?
  • Wieviel Zeit (und damit Geld) haben wir (besonders intern) investiert?
  • Wieviel ROI Return on Invest haben wir wirklich durch die Messen gehabt?
  • Mit wieviel Leads in welchem Wert sind wir nach Hause gekommen? Welcher Beitrag konnte nur durch die Messe bestehen?

Seien Sie mutig und beziffern Sie diese Punkte. Bringen Sie diese Informationen zusammenm auf einen Tisch, verteilen sie die (freigewordenen) Budgets neu auf die neuen Maßnahmen.

B2B Vertrieb ohne Messen: Tritt nach vorn – oder ein Befreiungsschlag für Ihren Vertrieb?

Ich denke, es kann zu einem Befreiungsschlag werden, wenn man sich diesen Sales Funnel neu denkt und gestaltet. Bedenken Sie eins: Mit der neuen Mechanik wird sich viel mehr auf Ihrem eigenen Terrain abspielen.

Weil alles, wo Veranstalter statt einem selbst die Adressliste haben, alles, wo Dinge nicht auf meinem Home Turf stattfinden, da

  • kann ich nicht markieren, soviel ich will.
  • Da kann ich nicht so groß sein, wie ich will.

Es hat eine Menge Vorteile, wenn die Dinge auch mehr auf ihrem eigenen Terrain stattfinden.

Lesen Sie mehr darüber: Verzweifelter Vertrieb nach dem Lockdown? So geht’s besser.

Unser neuer Sales Funnel

Kristin Reinbach: Last but not least habe ich euch ein Work Sheet mitgebracht. [s. hier oben] Die Idee hier ist, dass Ihr euch dies es in Kombination mit der anderen Übersicht zur Hand nehmt [LINK].

Arbeitsfrage ist

„Welche Elemente kann ich ab sofort verwenden, um meinen Sales Funnel neu zu füllen?“

Macht Euch davon 10-20 Ausdrucke und spielt einfach mal mit Post-Its und mit ein paar Kollegen daran rum, wie man den Funnel ab jetzt und hier neu aufsetzen kann.

Das Worksheet enthält auch Denkanregungen zu

  • welche Ziele verfolgt Ihr,
  • wieviele Leads wollt/braucht Ihr,
  • wie viel Umsatz,
  • wieviel Cross, wieviel Up Selling und
  • die Budgets entsprechend auch mal mit ein paar Post-Its neu zu verteilen.

Wesentliche Basis ist, dass das Angebot entweder anders oder besser ist als der Wettbewerb – zumindest dafür zu sorgen, dass es den Eindruck macht.

Das Ganze hat viel mit dem Thema Vertrauen zu tun.

Vertrauen aufzubauen – das geht auch online und zwar ganz viel darüber, dass man sich wie ein zuverlässiger Geschäftspartner verhält. Dass man nicht heute „hü“und morgen „hopp“ sagt, dass man höflich ist und professionell. Da ist jetzt nicht plötzlich die Welt komplett anders, bloß weil es zum Beispiel ein Linkedin Chat ist.

Mein allerwichtigster Tipp wäre:

Sich als ersten Schritt davon lösen, wie die Welt im B2B Vertrieb früher war.

Ja, so war sie früher, und wenn man Glück hatte, konnte das super funktionieren. Ich weiß es. Was im Moment passiert, das ist im Zweifel ein unangenehmer Tritt aus der Komfortzone. Gleichzeitig kann es ein guter Anlass sein, sich seine Kundenbasis und Neukundenakquise eigenständiger und skalierbarer als je aufzusetzen.

Neue Kontakte knüpfen / Leads anbahnen: Wo am besten?

Evelyne de Gruyter: Vielleicht kannst du auch noch mal was zu den Plattformen sagen, auf denen man sich da tummeln kann, wo man halt neue Kontakte trifft. Du hast LinkedIn erwähnt und Facebook.

Wo sind Gruppen oder Plattformen, wo ich meine Kundenbasis verbreitern kann?

Also nicht nur in der bestehenden Basis, die ich ja auch von den Messen habe, sondern auch mich wirklich nochmal nach außen stärker orientieren kann?

Kristin Reinbach: Ja, das ist ein super Punkt, den Du ansprichst. Besonders Unternehmen, denen es gut geht, entwickeln irgendwann gern eine unreflektierte Arroganz von der Art „Nee, also wir und unser Netzwerk, wir kommen klar. Wir werden eh immer nur weiterempfohlen und so weiter. Wir brauchen das nicht.“

In dem Moment wird man sehr anfällig.

Sein Netzwerk zu erweitern, ist aus verschiedenen Gründen extrem effektiv. In den USA gibt es den Spruch

„Your network is your networth“

„das, was Dein Netzwerk wert ist, das entspricht Deinem Wert“

Das ist ein bisschen hart ausgedrückt, aber so sind die Amerikaner. 😉 Die wesentliche Aussage daran ist hilfreich: Wenn ich auf Linkedin 5000 Kontakte habe und da sind genug gute Kontakte dabei, kann das eine rasche Problemlösung heißen – ob ich einen super Anwalt brauche in einem bestimmten Thema oder einen neuen Kunden.

Vor allem kann es heißen, dass jemand im Sinne von „Awareness“ und „Attention“ überhaupt merkt, dass es Ihr Unternehmen gibt.

  • Dafür ist im B2B Bereich Linkedin extrem gut geeignet.
  • Xing ist auf dem absteigenden Ast. Die haben einfach auch ein paar konzeptionelle Tech-Fehler gemacht, dass sie mit nichts anderem verbunden sind.

Bzgl. Tools: Es gibt hier eine grandiose Geschichte wie z.B. Leadfeeder – das ist ein Beispiel von vielen, wo man sehen kann, wer war bei uns auf der Webseite und dann schauen kann, wer aus diesem Unternehmens ist auf Linkedin – so dass man dort mal Hallo sagen kann. Damit erzeugt man einen sich positiv wiederholenden Effekt.

  • Auf Xing würde ich nicht viel Zeit investieren, sage ich ganz offen.
  • Auf LinkedIn würde ich definitiv ein besseres Auge werfen.

Was wir häufig feststellen und eigentlich relativ unaufwändig ist, ist, dass ganz viele Unternehmen Google My Business nicht aktiv nutzen.

  • Diese Profile sind von Google Seite aus im Moment noch kostenlos.
  • Dort gute Reviews zu haben, tut dem Ranking extrem gut.

Viele gehen her und schmeißen immer noch ihr Geld in SEO raus. Den Effekt kann ich teilweise auf Google My Business mit einem gut gepflegten Profil, mit ein paar aktuellen Posts und so weiter viel leichter haben.

Facebook kann ich wirklich empfehlen für dieses Thema „Engagement in relevanten Gruppen“ und/oder – das ist ja der Punkt – Sie können ja auch selbst eine Interessengruppe aufsetzen.

Gleiches gilt für LinkedIn. Da kommt es drauf an: Je nachdem, wer Ihr Markt ist, wenn Sie sehr stark angelsächsisch eingebunden sind, ist völlig klar, dass LinkedIn und meinetwegen dort eine Gruppe aufsetzen, das A und O ist. Wenn Sie Deutscher verortet sind, ist wahrscheinlich Facebook nach wie vor durchlässiger.

Evelyne de Gruyter: Ja, Kristin, das bringt mich auch so langsam zum Abschluss. Ich möchte mich erst mal ganz, ganz herzlich bedanken. Die Präsentation wird ja später geteilt. Vielleicht kommst du auch nochmal ins Bild, das sich alle noch einmal sehen.

Kristin Reinbach: [Kamera aktiviert]

Evelyne de Gruyter: Also tausend Dank. Du stehst ja auch sicherlich gerne für Fragen im Nachgang bereit.

Kristin Reinbach: Absolut, sehr gern.

Evelyne de Gruyter: Der Kontakt wird ja auch versendet mit dem Mitschnitt im Nachgang und auch mit einer PDF mit der Präsentation.

Du hast Facebook als Stichwort genannt, und da wir jetzt keine weiteren Fragen haben, sag ich einfach nochmal was zu unserer internen Facebook-Gruppe: Unserem Marktplatz, den wir in der Coron Krise aufgesetzt haben und der rege Anwendung gefunden hat. Momentan ist so ein bisschen durch Urlaubszeit sehr ruhig, da könnte wieder ein bisschen mehr Energie reinkommen. Vielleicht weise ich auf der Stelle noch darauf hin. Wir haben gesagt, Unternehmerinnen sollen sich untereinander Solidarität zeigen, sich unterstützen, Leistungen voneinander beziehen und auch Produkte z.B. etwas für die Mitarbeiter im Homeoffice verschicken oder aber auch Leistungen voneinander in Anspruch nehmen, wie z.B. eine tolle digitale Beratung, Rechtsberatung und so weiter. Wir haben hier eine Vielfalt in unserem Verband, die wir dort widerspiegeln können.

Ich bedanke mich für dieses Webinar. Wir haben ja jetzt immer Dienstags alle zwei Wochen regelmäßig ein Webinar von unseren VdU Expertinnen. Wir werden aber auch unsere Jahresversammlung findet ja weiterhin virtuell statt und dort kommen auch spannende Formate. Wir werden die Einladung in den nächsten Tagen versenden. Ich wünsche allen einen wunderbaren Nachmittag, bedanke mich für das Interesse und sage nochmal Ganz, ganz herzlichen Dank Dir, liebe Kristin.

Kristin Reinbach: Danke Euch allen für Euer Interesse – viel Erfolg!

Kristin Reinbach

Als Inhaberin von OVERW8 und mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Marketing denkt sie ständig in "Kunde", "Marke" und Geschäftsmodellen. Ständig meint: Beim Essengehen. Auf der Skihütte. Beim Winzer... Letztlich also nur logisch, dass sie mit diesem Know-How unternehmerisch handelnde Menschen und Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Marken-, Kunden- und Unternehmenswert tatkräftig unterstützt.

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